Rundgang

EBENE A – Luther und seine Welt:

mlfr-0095_489

mlfr2-0244_488Der Besucher betritt die Ausstellung „Reformation und Ruhrgebiet“ durch die „Thesentür“, eine Glastür mit einem Foto der Thesentürflügel der Wittenberger Schlosskirche. Dunkelheit und die Farbe Schwarz dominieren den ersten Raum, der die Zeit vor der Reformation spüren lässt. Die Menschen leben unter der Herrschaft des Todes, die Angst vor Fegefeuer und ewiger Verdammnis bestimmt den Alltag.
Auf dieser Ebene der Ausstellung werden die Zeit vor der Reformation, die Neue Welt und die Ereignisse der Reformation selbst thematisiert. Martin Luther war in eine Epoche des Umbruchs vom Mittelalter in die frühe Neuzeit mit ihren Entdeckungen, Erfindungen und einem neuen Menschenbild hineingeboren worden.
Der Übergang vom Mittelalter in die Neuzeit führte in eine neue Welt der Vernunft, der Wissenschaft und auch des Mutes. Humanismus und Renaissance wurden zum Wegbereiter der Reformation.

Die Zeitleiste in diesem Raum führt von 1415 (Das Konstanzer Konzil verurteilt die reformatorischen Lehren von John Wyclif und Jan Hus) bis ins Jahr 1919 (Die Weimarer Verfassung schreibt für Deutschland die Trennung von Kirche und Staat fest).

EBENE B – Sprache und Medien:

022Die neue Technik des Buchdrucks und die volksnahe und verständliche Sprache Martin Luthers beförderten entscheidend die Ausbreitung der reformatorischen Idee. Die ausgestellte Druckerpresse Gutenbergscher Konstruktion in der Ausstellung ist voll funktionsfähig. Auf der Ebene B, zu der man über die Innentreppe der Ebene A abwärts gelangt, wird am Beispiel der Bibel der historische Bogen der Vervielfältigung und Verbreitung von Informationen gespannt. Er reicht von der Handschrift über den Druck bis hin zur Digitalisierung und dem Internet in der Gegenwart. Diese Vervielfältigungstechniken ließen die Bibel zu dem Buch mit der weltweit größten Verbreitung werden. Wie wichtig auch heute Sprache ist, können sich die Besucher an neun Hörstationen erschließen, an denen ein Auszug aus der Bergpredigt – in neun Sprachen übersetzt – zu hören ist.
Da heute die neuen Medien eine entscheidende Rolle bei der Verbreitung von Informationen spielen, gibt es hier auch die Bibel online, als Film oder auch als Hörbuch. So kann zum Beispiel auf einer Großbildleinwand die multimediale Verbreitung der Bibel nachvollzogen werden.

EBENE C – Alltagswelt und Sonntagskirche:

mlfr-0108-korr_487Der Protestantismus hat von der Reformationszeit an in vielfältiger Hinsicht nicht nur die Form des Gottesdienstes verändert, sondern auch die Gestaltung der alltäglichen Lebenswelt geprägt. Spuren evangelischen Wirkens lassen sich in der Bildung, in der Musik, aber auch im Unternehmertum und der Diakonie finden. Auf der Ebene C werden die vielfältigen Facetten von Alltagswelt und Sonntagskirche skizziert. Das reicht vom Gottesdienst und der Welt der protestantischen Musik über religiöses Leben im Alltag bis zur protestantischen Wirtschaftsethik und zum unternehmerischen Handeln.
Die Menschen, die über die Jahrhunderte in das Ruhrgebiet gekommen sind, beeinflussten natürlich den Protestantismus im Ruhrgebiet. Glaubensflüchtlinge haben im 16. und 17. Jahrhundert ebenso ihre Frömmigkeit mit in die neue Heimat gebracht wie die Zuwanderer, die im Zuge der Industrialisierung ins Ruhrgebiet gekommen sind. Auch das kann hier durch die Exponate nachverfolgt werden, die vornehmlich im Bereich des zur Ebene D führenden äußeren Treppenhauses zu sehen sind. Dabei wird deutlich, dass zum Aufbruch in die Moderne nicht nur protestantische Unternehmer, sondern unter anderem auch evangelische Arbeitervereine, Streiks und die christliche Gewerkschaftsbewegung sowie die evangelische Frauenhilfe gehören..

EBENE D – Wurzeln und Früchte der Reformation:

mlfr4-0261_484Aus den Wurzeln der Vergangenheit hat sich eine rege Kirche entwickelt, deren Mitglieder zu allen Zeiten das gesellschaftliche Leben im Ruhrgebiet mitbestimmt haben. In der Ebene D haben die Themen „Politische Ethik“, Die Kirche wird weiblich“, „Protestanten in der Politik“ und „Leuchtfeuer der Zukunft“ ihren Platz.
Zur politischen Ethik gehört der Kampf zwischen Bekennender Kirche und Deutschen Christen in der NS-Zeit. Zentrale Exponate sind hier die Barmer Erklärung und ein Original der Obrigkeitsschrift von 1523, in der Martin Luther einige seiner Maximen niedergelegt hat.
Vermittelt wird zudem, wie der Protestantismus auch heute Orientierung geben kann. Beispielhaft werden die Lebensläufe herausragender Politiker wie Richard von Weizsäcker, Gustav Heinemann oder Johannes Rau geschildert, die als überzeugte evangelische Christen die Leitlinien deutscher Politik entscheidend mit bestimmt haben.
„Die Kirche wird weiblich“ und Kirchbau bis hin zur Umnutzung von aufgegeben Gotteshäusern sind weitere Themen.
Der Dialog der Religionen führt schließlich zum Schluss-Akkord der Ausstellung: Die Gegenwart des Protestantismus. Das Profil liegt in der Vielfalt des Protestantismus in einer multireligiösen und zugleich säkularisierten Gesellschaft. Besonders in den Blick genommen werden der muslimisch-christliche Dialog – mit der Darstellung des „Engel der Kulturen“ und des Abrahamsfestes – sowie der jüdisch-christliche Dialog.
Visualisiert und symbolisch übertragen wird das Thema „Religiöse Vielfalt“ auch noch einmal im Handlettering der Künstlerin Petra Beiße – kunstvoll gestaltete Begriffe-Vielfalt, integriert im Medientisch. Der interaktive Medientisch im letzten Raum der Ausstellung gibt auf einzeln anzusteuernden Kapiteln einen Überblick in Wort und Bild über die Geschichte des Protestantismus im Ruhrgebiet. Unter dem Menüpunkt 2017 werden religiöse Vielfalt im Ruhrgebiet und evangelische Gemeinde- und Kirchenvielfalt der Region noch einmal vertieft. Hier sind 27 Orte evangelischen Lebens im Ruhrgebiet abgebildet.
Die Ausstellung „Reformation und Ruhrgebiet“ gibt zum Schluss dem Besucher zwei zentrale protestantische Botschaften mit auf den Weg, installiert im „BotschaftenRaum“. Der liegt im Dunkel – also muss zunächst ein Schalter betätigt werden, um Raum und Botschaft sichtbar werden zu lassen. Nach der vorherigen Fülle von Informationen und Exponaten wird reduziert und bewusst auch provokativ im sonst leeren Raum das „Fürchtet euch nicht“ (aus dem Lukas-Evangelium) in den Zusammenhang mit „Reformation ist Freiheit“ gebracht.