Prof. Dr. Oliver Scheytt
Lange bevor Schlote in den Himmel über Ruhr, Emscher und Lippe ragten, prägten Kirchtürme das Ruhrgebiet. Die Gotteshäuser gaben Heimat, und der Glaube brachte den Menschen Identität. Im Zuge des Strukturwandels wurden nicht nur Zechen und Hütten stillgelegt, die gesellschaftlichen Veränderungen führten auch zu zahlreichen Kirchenschließungen. Das ist eine schmerzhafte Entwicklung, die durchaus Ähnlichkeiten mit den Zechenschließungen im Ruhrgebiet aufweist.
„Himmel und Erde vermögen nicht, dass Gott ihm eine Wohnung daraus mache“, wusste Martin Luther. „Aber in dem Menschen, der sein Wort hält, da will er wohnen.“ Glaube ist an kein Haus gebunden. Denn Gottes Wort ist kein Lese-, sondern ein Lebewort. Für die Religion ist es notwendig, unseren Glauben zu stärken. Für die baukulturelle und identitätsstiftende Substanz der Metropole Ruhr ist es entscheidend, den Erhalt der Sakralbauten durch eine kluge Umnutzung und neue Formen kultureller Kooperationen zu sichern. Kirchen können durch Kultur mit neuem Leben erfüllt werden.
Ein gelungenes Beispiel dafür ist, wie die evangelische Markuskirche in Gladbeck durch engagierte Bürger zu einem Zentrum für Dialog und Bildung umgestaltet wurde. Durch die kulturelle Nutzung im Martin Luther Forum Ruhr lebt auch die Markuskirche fort im Geiste des großen Reformators: „Der Glaube bringt den Menschen zu Gott, die Liebe bringt ihn zu den Menschen.“ Das Martin Luther Forum Ruhr ist Teil der Kulturhauptstadt Europas RUHR.2010. Denn die Folgenutzung setzt sich mit dem kulturellen Erbe des Ruhrgebiets auseinander und wirkt nachhaltig in der Metropole Ruhr. So legt die Ausstellung „Reformation und Ruhrgebiet“ Spuren der Reformation im Ruhrgebiet offen und ist auf das Jahr 2017 angelegt, dem 500. Jubiläum der Reformation.
Die Ausrichtung besonders auf Schulklassen hätte auch Luther gefreut, der dachte: „Wenn du ein Kind siehst, hast du Gott auf frischer Tat ertappt.“ Im Herbst folgen zwei weitere Programmhöhepunkte: „Futtern wie bei Luthern“ entführt in die frühe Neuzeit, als Luther seine legendären Tischreden vortrug – ganz nach dem Motto: „Iß, was gar ist, trink, was klar ist, red, was wahr ist.“ Bei der Veranstaltung „Dem Volk aufs Maul geschaut“ beleuchten Martin Kaysh und Sabine Henke kabarettistisch den Beitrag Luthers zur deutschen Sprache. Der meinte auch: „Was kommt, im neuen Jahr, kannst nit durchschauen, musst hoffen und auf Gott vertrauen.“
Grußwort anlässlich der Eröffnung des Kulturhauptstadtjahres Ruhr2010.
Regina van Dinther
40 Jahre lang war die Gladbecker Markuskirche ein bedeutender Ort des christlichen Zusammenlebens in der Stadt. Umso schmerzhafter hat die Nachricht der Kirchenschließung viele Gladbeckerinnen und Gladbecker getroffen. Doch die Menschen im Gladbecker Osten haben nicht resigniert. Ganz im Gegenteil: Sie haben die Krise als Chance verstanden, und sie haben ihre gemeinsame Zukunft selbst in die Hand genommen.
Die Eröffnung des Martin Luther Forums Ruhr ist damit für die Stadt, für die gesamte Region und auch für unser Land Nordrhein-Westfalen ein bedeutendes Ereignis. Denn es macht deutlich: Die Menschen in Gladbeck, im Ruhrgebiet und in ganz Nordrhein-Westfalen haben den Mut zur Erneuerung, und sie schaffen durch ihr persönliches Engagement die beste Voraussetzung für kulturelle Vielfalt.
Von Herzen gratuliere ich den Gladbeckerinnen und Gladbeckern zu diesem großartigen und in vielerlei Hinsicht einzigartigen Projekt. Als Schirmherrin freut es mich besonders, dass zur Eröffnung das berühmte Luther-Triptychon aus Weimar in Gladbeck zu sehen sein wird. Auch dies macht deutlich, welchen hohen kulturellen Stellenwert das Martin Luther Forum Ruhr schon jetzt besitzt.
Mein Dank gilt allen Menschen, die sich mit Herzblut für das Forum eingesetzt haben und weiterhin einsetzen werden. Das sind besonders die ehrenamtlichen Kräfte im Vorstand und im Beirat des Forums sowie alle Mitglieder im weiter wachsenden Förderverein. Sie alle tragen dazu bei, dass aus dem Martin Luther Forum eine Gabe von Bürgern für Bürger geworden ist. Und ohne Zweifel ist das Forum – gerade im Rahmen der Kulturhauptstadt Ruhr 2010 – ein Musterbeispiel für ehrenamtliches Engagement hier im Herzen Nordrhein-Westfalens.
Martin Luther hat einmal geschrieben: „Dieses Leben ist kein Wesen sondern ein Werden.“ In diesem Sinne wünsche ich persönlich dem Martin Luther Forum, dass es sich beständig weiter entwickelt, und dass sich möglichst viele Menschen an dieser Entwicklung beteiligen. Dann bleibt dieses schöne Haus auch zukünftig ein Ort der Begegnung und der kulturellen Zusammenkunft.
Regina van Dinther war als Präsidentin des Landtages NRW Schirmherrin des Martin Luther Forum Ruhr in den Jahren 2008-2011.