Eugen Drewermann im Martin Luther Forum Ruhr: „Jesus wirbt für Güte ohne Grenzen“

eugen_drewermann_im_martin_luther_forum_ruhrKirchenkritisch, gesellschaftskritisch, klar in Denken und Sprache: So kennt man Dr. Eugen Drewermann – und so erlebten ihn die 150 Besucherinnen und Besucher am Donnerstag, 6. Januar 2014, auch im Martin Luther Forum Ruhr. Der Theologe, Psychoanalytiker und Schriftsteller stellte sich in der Reihe „Im Gespräch mit…“ dem Dialog mit dem Schriftsteller und Forums-Beiratsmitglied Heinrich Peuckmann. Nach seinen Vorträgen in den Jahren 2010 und 2011 im Martin Luther Forum Ruhr ging es dieses Mal in der Gesprächsform um zwei Schwerpunkte: die tiefenpsychologischen Ansätze der Bibelexegese Drewermanns und die Herkunft des bekannten Theologen.

eugen_drewermann_und_heinrich_peuckmannDiese lasse gewisse Parallelen zu seiner eigenen Biographie erkennen, meinte Heinrich Peuckmann. Denn wie er stammt auch Drewermann aus einer Bergmannsfamilie – und auch die Geburtsorte liegen nicht allzu weit auseinander: Drewermann wurde 1940 in Bergkamen geboren, Peuckmann 1949 in Kamen; beide studierten Theologie – Peuckmann allerdings die evangelische Fachrichtung. Eugen Drewermann betonte seine tiefe Verbundenheit zu seinem Heimatort bis heute. So tritt er einmal jährlich kostenlos für Benefizzwecke in Bergkamen auf. Zu den wenigen Einblicken, die Drewermann in seine Kindheit und Jugend gewährte, gehörte die Aussage, dass er seit seiner Kindheit Ängste durcharbeite.

Angst und Liebe
Angst und Liebe sind die großen Themen in Drewermanns Schaffen – auch an diesem Abend im Martin Luther Forum Ruhr eindrucksvoll zu erkennen. Dabei stellte er die Bilder der Bibel in aktuelle Zusammenhänge – etwa am Beispiel von Kain und Abel. Das hinter diesem Bruderzwist stehende Problem habe heute jeder von uns und es präge unsere Weltsicht: nur der Stärkste überlebt, nur für Leistung wird man akzeptiert, Konkurrenzdenken und radikale Gnadenlosigkeit. Das alles finde sich bis in die Kindergarten-Pädagogik hinein wieder – und auf der politischen Bühne auch im aktuellen Koalitionsvertrag. Drewermann: „Ich behaupte, dass das gesamte Neue Testament der Versuch ist, die Geschichte von Kain und Abel umzudrehen.“ Denn Jesus stehe dafür, „in Güte und Vertrauen über unsere Ängste hinweg zu kommen“. „Das ganze Neue Testament ist ein Liebeslied Jesu auf Gott.“ Es habe ihn immer beschäftigt, so Drewermann weiter, der Sache Jesu näher zu kommen, der nicht verurteile, nicht ausgrenze und nicht mit dem erhobenen Zeigefinger drohe. „Die Bibelgeschichten wollen die Wirklichkeit ändern“, so Eugen Drewermann. Jesus habe gewollt, dass niemand ausgegrenzt werde: „Jesus wirbt für Güte ohne Grenzen“. Die Psychoanalyse helfe bei der Deutung der Bilder der Bibel. In der Ausbildung der Theologen aber komme sie nicht vor: „Die historisch-theologische Ausbildung der Theologen ist eine Farce.“ (-weco-)

begru%cc%88ssung_durch_andreas_willmesHör-Tipp: In der Call-in-Sendung „Redefreiheit“ von nordwest.radio (ein Programm von Radio Bremen und dem NDR) können einmal im Monat Hörer/innen mit dem Theologen, Schriftsteller und Psychoanalytiker Eugen Drewermann über ausgewählte Themen am Telefon diskutieren – an jedem letzten Samstag im Monat, 19.05 bis 22 Uhr. Das nächste Thema am 25. Januar: Zeit. Frühere Sendungen kann man HIER hören.

BERICHT der WAZ Gladbeck 11. Januar 2014