Wem gehört Luther? Filmischer Rückblick auf Luther-Gedenken in der DDR und der Bundesrepublik

Lutherdenkmal Wittenberg. Bild: WittenbergKultur e.V.Tourist-Information Lutherstadt Wittenberg
Lutherdenkmal Wittenberg.
Bild: WittenbergKultur e.V.Tourist-Information Lutherstadt Wittenberg

Donnerstag, 19. Januar 2017, 19.30 Uhr | Wem gehört Luther? Diese Frage wird am Donnerstag, 19. Januar, 19.30 Uhr, im Martin Luther Forum Ruhr gestellt: mit der Vorführung des gleichnamigen 16mm-Lichtton-Films aus dem Jahr 1983 (Eintritt frei). Damit wird im 500. Jubiläumsjahr der Reformation zurückgeblickt auf Impressionen aus dem Jahr 1983, als Martin Luthers 500. Geburtstag im damals noch geteilten Deutschland gefeiert wurde. Der 47-minütige Film „Wem gehört Luther“ gibt einen Überblick über Luther-Veranstaltungen 1983 in der DDR und in der Bundesrepublik Deutschland. Der Kunsthistoriker Dr. Martin Steffens (Berlin) wird eine Einführung ins Thema geben.

Luther-Gedenkmünzen DDR 1983
Luther-Gedenkmünzen DDR 1983

„Im 500. Jubiläumsjahr der Reformation ist es aufschlussreich, auf 1983 zurück zu blicken“, sagt Dr. Martin Steffens und begründet das so: „Insbesondere die Lutherrezeption in der DDR vermag es, den Blick auf die aktuelle Gedenkpraxis zu schärfen. Darin wird deutlich, dass die Erinnerungskultur nicht etwa konstant bleibt, sondern starken Veränderungen unterworfen ist, die im wenigsten theologisch motiviert sind. Politische, gesellschaftliche und sogar ökonomische Faktoren haben in der DDR seit den 1950er Jahren zu einem dramatischen Wandel der staatlichen Inanspruchnahme Luthers geführt. In Vorbereitung auf das Jubiläum 1983 wurde das zuerst ambivalente Verhältnis zu Luthers historischer Leistung im Rahmen der staatlichen

ddr-briefmarke-luther-1983
Luther-Briefmarke DDR 1983

Lutherehrung zu einer fast vorbehaltlosen Einbindung in das Selbstverständnis des Staates.“

Der in Berlin lebende Kunsthistoriker Martin Steffens promovierte zum Thema der Luthererinnerung im 19. Jahrhundert und ist Verfasser und Herausgeber von unterschiedlichen Texten zur Planungsgeschichte von Lutherdenkmalen und Luthergedenkstätten. Inzwischen arbeitet er als Leiter des Berliner Kunstfestivals 48 Stunden Neukölln insbesondere in der zeitgenössischen Kunst, ist aber dem Thema Reformationserinnerung weiterhin verbunden.

Der Film „Wem gehört Luther“ selbst wurde damals u.a. so beschrieben:

„Bis in die 60er-Jahre war das staatliche Lutherbild der DDR im Westen nicht diskussionswürdig und Filme der DDR stellten den Reformator als Verräter im Bauernkrieg dar.

Heute, wie es besonders anlässlich des Luther-Jahrs 1983 deutlich wurde, würdigt ihn die DDR als führende Persönlichkeit des Übergangs vom Feudalismus zur frühbürgerlichen Gesellschaft. Sein Bild ist dabei vom Marxismus-Leninismus geprägt, sein Ringen um die Wahrheit des Evangeliums tritt in den Hintergrund. Auch in der Bundesrepublik gibt es vielschichtige Ansichten über Luther. Historiker und Theologen stellen jeweils verschiedene seiner Leistungen und Meinungen in den Mittelpunkt ihrer Forschung. Dieser Film, der an vielen Orten der Bundesrepublik und der DDR im Luther-Jahr entstand, zeigt jedoch, dass Luther noch heute eine Kraft ist, die Menschen über Grenzen hinweg zusammenführt, und die auch Staat und Kirche in der DDR veranlasste, einen Schritt aufeinander zuzugehen. Viele Bundesbürger reisten 1983 in die DDR zu Gesprächen mit ihren Landsleuten. Jugendliche machten die Erfahrung, dass in der DDR Menschen leben, mit denen sie mehr als gemeinsame Sprache, Kultur und Geschichte verbindet. Insbesondere war Freizügigkeit in beiden Richtungen als politisches Nahziel unumstritten. Zahlreiche Ausstellungen, Diskussionen und Feiern halfen in der Bundesrepublik, das Bild Luthers klarer zu umreißen, wenn auch häufig Zeitfragen das Thema des Reformators beiseite drängten.“

Der Film wird im Martin Luther Forum Ruhr nicht digital per Beamer gezeigt, sondern es wird via Siemens-Projektor die Original-16mm-Lichtton-Schmalfimproduktion abgespielt. Bis zum Ende der 90er Jahre wurden Filme, Reportagen und Dokumentationen weltweit überwiegend auf 16 mm gedreht. 16mm-Filme wurden in kleinen Filmtheatern gezeigt. In Matineen, Sonderveranstaltungen, im Ausland und vielfach auch in regulären Filmvorführungen wurden 16-mm-Kopien eingesetzt, die oft nur im Schmalfilmformat vorhanden waren. Die Filmtheater gingen damals vielfach dazu über, neben der Normalfilm-Wiedergabeeinrichtung einen stationären 16mm-Projektor aufzustellen. Für die Vorführung in Großkinos und auch im Fernsehen wurden diese Filme auf 35mm-Film umkopiert.

Die Veranstaltung gehört zum Programm des Projektes „Der geteilte Himmel“ von Forum Kreuzeskirche Essen, Martin Luther Forum Ruhr und Ruhr Museum. Das Projekt „Der geteilte Himmel. Reformation und religiöse Vielfalt an Rhein und Ruhr“ wird gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages sowie vom Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen. Es steht unter der Schirmherrschaft von Prof. Dr. Norbert Lammert, Präsident des Deutschen Bundestages