Keine Berührungsängste vor Eliten

Marlehn Thieme, Aufsichtsratsmitglied der Deutschen Bank, hat die evangelische Kirche dazu aufgerufen, gesellschaftliche Eliten neu wahrzunehmen. Sie seien „ein nicht gehobener Schatz, den es auszugraben gilt“, sagte Thieme, die auch zum Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gehört, am Donnerstagabend (27.9.) in Gladbeck.

Die Kirche dürfe keine verkrampfte Haltung zu verantwortlichen Entscheidungsträgern haben. Die Kirche tritt nach Überzeugung Thiemes zwar ohne Wenn und Aber für die Schwachen in der Gesellschaft und für mehr Gerechtigkeit ein. Das erwarte sie auch von den Eliten. Aber: „Es darf in der evangelischen Kirche nicht der Eindruck eines Ausschlusses gesellschaftlicher Verantwortungsträger von der Botschaft des Evangeliums entstehen.“ Eliten dürften sich nicht durch sozialkritische Predigten an den Pranger gestellt fühlen.

Für Thieme ist Elite nach evangelischem Verständnis immer „Verantwortungselite“. Das bedeutet: Der Einsatz der eigenen Gaben geschieht an verantwortlicher Stelle im Dienst am Nächsten. Moderne Eliten seien immer Eliten in einer Gesellschaft, in der alle gleiche Rechte und gleiche Chancen haben. Es sei kein Widerspruch, Begabung und Leistung anzuerkennen und zu fördern – und sich gleichzeitig gegen Ungleichheit einzusetzen und Schwache besonders zu fördern. Sozialer Aufstieg sei vielmehr eine Voraussetzung für Elitenbildung: „Die Schwächeren von heute können die Eliten von morgen sein.“

Thieme sprach im Martin Luther Forum Ruhr in Gladbeck auf Einladung der neuen Akademie für Führung und Verantwortung der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW). Ausgangspunkt war die Veröffentlichung der EKD „Evangelische Verantwortungseliten“ (2011), an der Thieme mitgearbeitet hat. Die Akademie unter dem Dach des Instituts für Kirche und Gesellschaft der westfälischen Landeskirche versteht sich als evangelischer Ansprechpartner für Führungskräfte und Menschen mit verantwortlichen Aufgaben.

Text: Andreas Duderstedt, Pressesprecher EkvW