Die christliche Ehe zwischen hehren Idealen und der Lebenswirklichkeit

ehe-3_079„Alteisen Ehe? – Protestantische und katholische Positionen im Gespräch“ lautete das Thema am Dienstag, 29. April, 19 Uhr, im Martin Luther Forum Ruhr in Gladbeck, Bülser Straße 38, der ersten Veranstaltung eines neuen ökumenischen Projektes zwischen dem Martin Luther Forum Ruhr (Gladbeck) und der Katholischen Akademie „Die Wolfsburg“ (Mülheim): „Konstruktiv kontrovers: Ökumene an der Ruhr“.

Die Diskussionsrunde nahm den Versuch des Familienpapiers der EKD in den Blick, den veränderten Vorstellungen von Ehe, Partnerschaft und Familie in einer weitgehend säkularisierten Gesellschaft theologisch Rechnung zu tragen. Was macht eine christliche Ehe im evangelischen und katholischen Verständnis aus? Wo liegen Gemeinsamkeiten und Differenzen? Diese und andere Fragen diskutierten an diesem Abend Albert Henz (Bielefeld), Theologischer Vizepräsident der Ev. Landeskirche von Westfalen, Prof. Dr. Dorothea Sattler (Münster), katholische Systematische Theologin und Wissenschaftliche Leiterin des Ökumenischen Arbeitskreises evangelischer und katholischer Theologen, und Dipl.-Psych. Bettina Mudrich (Mülheim a.d.R.), Psychoanalytikerin, moderiert von Dr. Jens Oboth, Dozent an der Katholischen Akademie „Die Wolfsburg“.
Das machte Albert Henz gleich von Anfang an klar: Die Orientierungshilfe des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) mit dem Titel „Zwischen Autonomie und Angewiesenheit – Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken“ ist auch innerhalb der Evangelischen Kirche in Deutschland umstritten und wird seit ihrer Veröffentlichung im Juni 2013 heiß diskutiert. Der Theologische Vizepräsident betonte, dass es bei dem Papier nicht vorrangig um die Ehe, sondern um die familienpolitische Diskussion gehe – und kritisierte gleichzeitig, dass die theologische Fundierung der Orientierungshilfe unzureichend sei. Diese Einordnung des Papiers als Beitrag zur familienpolitischen Förderung war für Professorin Sattler neu. Sie hätte sich grundsätzlich gewünscht, dass die katholische Seite schon bei der Erarbeitung des Papiers gehört worden wäre. Die katholische Theologin und Wissenschaftliche Leiterin des Ökumenischen Ar-beitskreises evangelischer und katholischer Theologen wiederholte den Vorwurf, dass das sog. Familienpapier die ökumenische Diskussion belaste.
Die Diskussion der Experten im Martin Luther Forum Ruhr bewegte sich weitgehend auf einem theoretisch-theologischen Niveau. Dabei verteidigte die katholische Theologin Dorothea Sattler das Sakrament der Ehe als Ideal, auch wenn es in der Lebenswirklichkeit gescheiterte Ehen, Brüche und Scheitern gebe. Von evangelischer Seite aus wollte Albert Henz dieses Ideal zwar nicht in Abrede stellen, doch sei im konkreten Einzelfall der Umgang mit diesem Ideal vor dem inhaltlich-christlichen Hintergrund zu sehen. Henz sprach sich auch für die Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften aus – und verwies an dieser Stelle auf das Beispiel einer Superintendentin, die mit ihrer Partnerin ein Kind adoptiert habe. Wenn eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft im christlichen Sinne verantwortlich gelebt werde, könne man den Segen nicht verweigern. Allerdings lehnte er eine Gleichsetzung mit der Ehe ab.
In der Diskussion erinnerte Generalvikar Monsignore Klaus Pfeffer vom Bistum Essen daran, dass man sich in einem „ganz wichtigen Veränderungsprozess befinde, der Zeit braucht“. Die beiden Pole, die sich in auch in der Ehe-Frage in beiden großen christlichen Kirchen spiegelten, habe doch auch jeder in seiner Seele: hehre Ideale im Kopf und auf der anderen Seite das gleichzeitige Spüren der Realität. Das Festhalten an Idealen und das Erleben der Wirklichkeit müsse man zur Kenntnis nehmen – „und eine gewisse Paradoxie aushalten“.
Das ökumenische Projekt zwischen dem Martin Luther Forum Ruhr (Gladbeck) und der Katholischen Akademie „Die Wolfsburg“ (Mülheim) „Konstruktiv kontrovers: Ökumene an der Ruhr“ wird bis zum Ende der Luther-Dekade im Jahr 2017 im Wechsel der Veranstaltungsorte ökumenische Themen aufgreifen. Die nächste Veranstaltung wird im Frühjahr 2015 in der Katholischen Akademie „Die Wolfsburg“ in Mülheim zum Thema „Typisch katholisch – typisch evangelisch?“ stattfinden.

Werner Conrad

 

Das schreiben die Medien über die Veranstaltung:

WAZ Der Westen: Alteisen Ehe in der Diskussion

idea.de: Vziepräsident Henz: Homosexuelle Partner öffentlich segnen